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UN: Herr Ragger, Sie haben jetzt relativ kurzfristig nach der groß angelegten Besichtigung des Lit- hiumvorkommens auf der Weine- bene durch Investoren, Aktionäre und weitere Interessierte mit Ihren Aussagen um eine Batterie- und ei- ne Autofabrik für einen Knalleffekt gesorgt – was ist wirklich dahinter?

Ragger: Die Vor-Ort-Besichtigung hat richtig große Kreise gezogen, das Interesse ist enorm und der Wert des Unternehmens wird sich steigern. Durch die Weiterverarbei- tung ist der Faktor 6 im Verkaufs- preis möglich im Gegensatz zu den Erstellungskosten. Wir haben ge- sicherte Daten zu einem Vorkom- men, das über 17 Jahre abgebaut werden kann – und inklusive der Zone 2 als langfristige Perspektive sprechen wir von 30 Jahren. Durch optimierten Abbau wäre eine rasche Exploration möglich und das ist in Europa ein Alleinstellungsmerkmal – das interessiert natürlich auch die verwandten Branchen.

UN: Warum spricht man jetzt schon von so weitreichenden Plänen?

Ragger: Wir starten einfach früh mit weiteren Ausblicken in Rich- tung Verarbeitung und weiterver- arbeitende Industrie. Neben Ab- bau und Verarbeitung durch „Eu- ropean Lithium“ selbst, der alleine 400 Arbeitsplätze schafft, gilt es jetzt die Folgefirmen zu etablieren. Forschungsunternehmen und Au- tomobilkonzerne haben alle längst Schwerpunkte im E-Bereich gesetzt.

UN: Bis zum möglichen Anlauf der industriellen Lithium-Gewinnung auf der Weinebene dauert es aber noch rund drei Jahre.

Ragger: Ja, aber die Vorlaufzeit hat – basierend auf dem Betriebsge- winnungsplan des Unternehmens – folgenden Grund: Wir haben ak- tuell selbst viele Aufgaben zu erle- digen und müssen parallel in mehre- ren Bereichen die Voraussetzungen schaffen, um konkrete internationa- le Kontakte zu knüpfen und Verträ- ge mit Firmen zu schließen.

UN: Aber Sie sprechen ja jetzt schon ganz konkret von der Ansiedelung eines Batteriewerks und einer Au- tomobilfabrik.

Ragger: Die Chance für ein Batteri- enwerk im Lavanttal ist sehr groß und es besteht damit dann nicht nur Potenzial, um eine Automo- bilfabrik direkt vor Ort zu versor- gen, sondern auch für den Export von Akkus. Mit der Koralmbahn vor Ort und dem Flächenangebot hätten wir in St. Paul beste Voraus- setzungen.

UN: Warum soll eine Akkufabrik in St. Paul entstehen und nicht in Graz, wo es ja ohnehin schon den großen Automobilcluster gibt und der Transport durch den Koralmtunnel auch gelöst wäre?

Ragger: Wir brauchen in Kärnten mehr Technisierung und die Politik hat erkannt, dass das ein wichtiger Zukunftsbereich ist. Wir haben von der Weinebene runter nur eine kurze Transportstrecke und da 90 Prozent des Gesteins im Berg bleibt, sind das nur 20 Lkw pro Tag. Die Transport- thematik ist noch mit den betroffe- nen Bürgern im Vorfeld zu klären.

UN: Warum sollen die 20 Lkw täg- lich nicht direkt nach Graz fahren?

Ragger: Weil rechtzeitig ins Be- wusstsein der Politiker gerückt werden konnte, dass dies eine wichti- ge Schiene der Wirtschaft in den nächsten Jahrzehnten ist – die Elektromobilität ist ein bedeuten- des wirtschaftliches Standbein der Zukunft und mit unseren Voraus- setzungen eine Jahrhundert-Chan- ce für das Lavanttal und Kärnten. Das bietet erstmals die wirkliche Chance, über die Gemeinde- und Regionsgrenzen hinaus zu denken und einen attraktiven interkommu- nalen Gewerbepark mit Hochtech- nologie zu schaffen – mit allen ein- hergehenden Vorteilen.

UN: Die steirische Politik hat sich nicht darum bemüht?

Ragger: Bisher nicht, einzelne Poli- tiker sind erst jetzt aus ihrem Dorn- röschenschlaf aufgewacht.

UN: Lithium ist derzeit ja – wie fast alle Rohstoffe – eine höchst in- ternationale Geschichte. Kann das Lavanttaler Vorkommen hier über- haupt eine Rolle spielen?

Ragger: Derzeit wird Lithium vor allem in China verarbeitet, der Roh- stoff kommt teils aus Australien, und die Akkus werden auch nach Europa exportiert. Europa hat bis heute kein Werk, aber eine klare Strategie, um dies schnellstmög- lich zu ändern – Stichwort Euro- päische Batterie Allianz. Und erst vor wenigen Tagen hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ei- ne „europäische Aufholjagd bei der Batterieproduktion“ eingefordert.

UN: Und diese soll im Lavanttal stattfinden?

Ragger: Niemand am Kontinent hat den Rohstoff in solcher Menge und in einem so fortgeschrittenen Genehmigungszustand eines Berg- werks verfügbar, wie „European Lit- hium“ – das ist der Standort- und Startvorteil für das Lavanttal und Kärnten schlechthin. Wir könnten 2021 mit dem Abbau und der Ver- arbeitung starten.

UN: Der Elektromobilität wird ja oft angekreidet, dass sie sich mehr ein grünes Mäntelchen überzieht, als dass sie wirklich sauber ist.

Ragger: Nichts ist perfekt, aber es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Und mit einer Fabrik in Europa würden wir auch grünen Gedanken Rechnung tragen – mit einer Produktion unter höchs- ten Umweltstandards und mit ge- ringsten Transportwegen.

UN: Welche langfristige Perspekti- ve könnte sich auftun, wenn das alles klappt?

Ragger: Die Jobs, die kurz- bis mit- telfristig geschaffen werden können, sind das eine. Wichtiger ist jedoch, dass man hier gänzlich neue Tech- nologien und Hochtechnologien eta- blieren kann – das würde langfris- tig das wirtschaftliche Gesicht der ganzen Region verändern.

UN: Wie wird das Ganze politisch vorangetrieben bzw. unterstützt?

Ragger: Einerseits eben durch das klare Bekenntnis der europäischen Politik. Meine direkten Ansprech- partner als Sprecher von „European Lithium“ sind in der Landesregie- rung Landesrat Daniel Fellner und auf Bundesebene Ministerin Elisa- beth Köstinger als Verantwortliche für Bergbau und Umweltagenden – gemeinsam mit Bundesminister Norbert Hofer, der für Technologie- entwicklung zuständig ist.

UN: Und auf wirtschaftlicher Seite – Verhandlungen gibt es mit wem?

Ragger: Mit einem europäischen Au- tohersteller gab es konkrete Vorge- spräche – diese reichen bis zur Zu- sage, dass er eine Automobilfabrik für E-Autos in der Region errichten würde, wenn nur die unmittelba- re Versorgung mit dem Rohstoff für Batterien garantiert werden kann. Darüber hinaus gibt es sechs Fir- menzusagen für die Errichtung ei- nes Lithium-Batteriewerks.

UN: Und das alles in St. Paul?

Ragger: Das wäre aus verschiedens- ten Gründen, allein 35 Hektar Flä- che stehen hier zur Verfügung, ein hervorragender Standort und es gibt auch laufende Gespräche. Im Lavanttal haben wir eine sehr gu- te Gesamtkonstellation – auch im Bildungswesen mit der HTL Wolfs- berg und dem Stiftsgymnasium so- wie mit einer Top-Lebensqualität für auswärtige Führungskräfte. So ein Industriecluster würde für ei- nen massiven brain drain (die Ab- wanderung von hochqualifizierten Kräften, Anm.) sorgen – diesmal al- lerdings in die Gegenrichtung, aus Graz und Klagenfurt ins Lavanttal.

UN: Reicht für all das der aktuelle Lit- hium-Abbauhorizont von 30 Jahren?

Ragger: Das ist in diesem Bereich eine sehr lange Zeit. Und wenn die Technologie und Entwicklung erst einmal hier angesiedelt sind, dann spielt der heutige Abbauho- rizont weniger eine Rolle. Es wird sich im Bereich der E-Mobilität sehr viel weiterentwickeln, was man sich heute noch gar nicht vorstel- len kann, und das Know How ist dann schon lange hier im Tal.

UN: Von welchen Zahlen sprechen wir kurzfristig?

Ragger: 400 Arbeitsplätze werden allein vom Lithiumabbau und der Verarbeitung geschaffen. Gemein- sam mit Batteriewerk und Fahr- zeugbau sprechen wir zumindest von 1.400 qualifizierten Arbeitskräf- ten. Die Investitionssumme mit 650 Millionen Euro für alle drei Berei- che ist dabei eher niedrig angesetzt und hängt auch von der Fahrzeu- gentwicklung und der Entwicklung des E-Auto-Booms insgesamt ab.

UN: Wie hoch ist die Wahrschein- lichkeit, dass das alles so passiert?

Ragger: Wir haben noch viele Haus- aufgaben zu erledigen, aber mit Zu- tun der Politik und um deren und auch den Wünschen der europäi- schen Autoindustrie Rechnung tra- gen zu können, ist das eine Top-Op- tion. Ich schätze die Wahrscheinlich- keit, dass es wie geplant funktioniert, auf derzeit 80 Prozent ein.

UN: Vielen Dank für das Gespräch.

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